Yamaha XT1200Z Super Ténéré Worldcrosser


Anmerkungen und Gedanken zum Motorrad

Kupplungsschäden, abgebrochene Fußrasten, ständig losvibrierte Schrauben, defekte Federbeine, durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen, leckende Ölkühler, kochende Batterien, kaputte Wasserpumpen, abgescherte Tachoantriebe und sogar gebrochene Rahmen – während meiner Tour habe ich andere Motorrad-Fernreisende getroffen, die diese und viele andere Schäden an ihren Bikes zu beklagen hatten. Teilweise ging es tage- oder gar wochenlang nicht weiter, weil ein dringend benötigtes Ersatzteil nicht oder nur schwer zu bekommen war; Spiegel und/oder Blinker sind abgebrochen, nur weil die Maschine einmal auf die Seite gefallen ist.
Man könnte einwenden, ich hatte nur deshalb kaum Probleme, weil das Motorrad fast nagelneu war als ich gestartet bin. Doch selbst gegen Ende meiner Reise, also nach deutlich mehr als 50.000 Kilometern, hat die Yamaha keine Macken gemacht. Und viele der Problem-Bikes hatten oft weniger Kilometer oder nur wenig mehr runter als die Yamaha; die defekte Zylinderkopfdichtung gehörte zum Beispiel zu einer fast neuen BMW F800GS.

Yamaha Deutschland wirbt auf seiner Webseite mit dem Spruch, dass die XT1200Z Super Ténéré zu den „robustesten Langstrecken-Motorrädern gehört, die wir jemals gebaut haben“. Damit hat Yamaha nicht übertrieben. Mir war es schon selbst unheimlich, dass das Motorrad niemals größere Probleme hatte, selbst dann nicht, als es auf die 50.000-Kilometer-Marke zuging. Es ist nie stehengeblieben, immer angesprungen, hatte nie ein Elektrik-/Elektronik-Problem und selbst nach mittlerweile fast 60.000 Kilometern läuft der Motor noch fast wie zu Beginn der Tour. Okay, etwas rauer hört er sich vielleicht an und vibriert ein wenig mehr als am Anfang.

Ich bin mir fast sicher: Nach einer gründlichen Durchsicht in einer deutschen Fachwerkstatt (nicht in einer in Honduras!)würde die XT1200Z die gleiche Tour noch einmal ohne große Probleme überstehen. Die nahezu perfekte Bilanz wird lediglich durch zwei undichte Gabelsimmerringe getrübt; die einzigen wirklichen Schäden am Motorrad. Wer möchte, zählt noch den abgebrochenen Halter vom Kardanschutz hinzu. Für mich ist das allerdings ein Zubehörteil und das eigentlich dumme daran ist, dass der Schutz aus Aluminium besteht und sich in Dritte-Welt-Ländern kaum jemand findet, der Alu schweißen kann.

Insgesamt sechs- oder siebenmal ist das Motorrad umgefallen bzw. bin ich damit umgekippt, nie auf Asphalt, immer im Gelände, meist in weichem Sand oder auf losem Schotter. Einmal weichte über Nacht im Regen der Boden unter dem Seitenständer auf, ein anderes Mal wurde es in Patagonien vom Sturm auf dem Campingplatz umgeweht. Abgebrochene Blinker oder Spiegel? Fehlanzeige. Die fast nicht sichtbaren Protektoren unterhalb der Seitenverkleidungen haben ihre Aufgabe erfüllt und die Seitencover geschützt. Zwar nicht vor Kratzern, aber davor, dass die Seitendeckel zerbrechen oder dahinterliegende Teile zerstört werden. Leider nahm der rechte Seitendeckel den größten Schaden, als das Motorrad in Argentinien auf einem Hotel-Parkplatz in Mendoza umgefahren wurde – und der Fahrer natürlich verschwand.

Ich habe regelmäßig alle Schrauben auf festen Sitz überprüft und niemals eine gefunden, die wirklich locker war. Hin und wieder konnte ich einzelne Schrauben ein klein wenig nachziehen.
Die Yamaha XT1200Z Super Ténéré gehört nicht zu den leichtesten Reiseenduros, da lässt sich nichts beschönigen. Im weichen Sand der Baja California in Mexiko habe ich mir eine leichte Enduro gewünscht, weil ich in diesem Gelände mit dem Gewicht der vollbepackten Maschine überfordert war. Und das ist der Punkt: Ich behaupte, dass in den allermeisten Fällen nicht das Motorrad der limitierende Faktor ist, sondern der Fahrer. In kundiger, offroad-erfahrener Hand und mit entsprechenden Reifen dürfte die Yamaha sehr weit kommen. Und damit meine ich nicht auf einfachen Schotterpisten, die mit fast jedem Motorrad befahrbar sind, sondern wirklich weit abseits der Pisten.

Selbst mit einer 250er und sogar einer 125er wurde die Panamericana schon „bezwungen“. Natürlich geht das, die Frage ist nur: wie gut? Ist es toll, wenn man selbst von LKW und Bussen überholt wird, in den Bergen kaum voran kommt, das Bike so gut wie keinen Windschutz bietet und der Tankinhalt in manchen Gegenden nicht mal bis zur nächsten Tankstelle reicht?

Aus der Kiste auf die Piste

Während der vergangenen Monate habe ich unterwegs viele andere Motorradreisende getroffen, mit vielen unterschiedlichen Motorrädern. Besonders beliebt sind nach wie vor die große und kleine BMW GS,  die kleine Suzuki V-Strom und die Kawasaki KLR 650 – diese Modelle habe ich am häufigsten gesehen. KTM LC4, Suzuki DR 650, Honda Africa Twin oder Transalp bildeten eher die Ausnahme. Ich kann mich an kaum ein anderes Motorrad erinnern, das komplett im Serienzustand war. Besonders die R1200GS waren meist gespickt mit diversen Zubehörteilen und Blechschützern.

Als ich die Yamaha XT1200Z Super Ténéré in der Worldcrosser-Edition in der MOTORRAD-Redaktion übernommen habe, befand sich das Motorrad im absoluten Auslieferungszustand. Und genauso habe ich es verpackt, nach Alaska geschickt und bin damit anschließend 52.000 Kilometer nach Ushuaia gefahren. Außer einem Garmin Zumo 660 habe ich kein weiteres Zubehör montiert. Der potentielle Welt-Umrunder kann also tatsächlich sein Motorrad beim Händler abholen, verschiffen und anschließend seine Traum-Tour starten, ohne vorher noch mehrere hundert Euro in Zubehörteile investieren zu müssen. Ironie des Schicksals ist allerdings, dass ausgerechnet am originalen Kardanschutzblech ein Halter abbrach. Wer denkt, dass ich die Yamaha unterwegs geschont habe, irrt. Das geht nämlich gar nicht, wenn man nicht nur auf Asphalt unterwegs ist. Die tausenden Temposchwellen in Mexiko, Schlaglochpisten in Mittelamerika, schlimmste Waschbrettpisten in Bolivien, staubige oder schlammige Schotterstrecken überall und die wirklich harte Carretera Austral sowie stellenweise die Ruta 40 in Argentinien haben der Yamaha zugesetzt.
Rahmen und Fahrwerk mussten Strecken wegstecken, auf denen ich gedacht habe: „Hier geht gleich alles zu Bruch!“. Aber nichts ging zu Bruch. Eine Schraube vom ABS-Sensor hat sich losvibriert und später noch eine vom Handschutz – keine schlechte Bilanz für mehrere tausend Kilometer teilweise wirklich üble Pisten.
Im Gegensatz zum Fahrwerk habe ich den Motor deutlich weniger beansprucht, als es in Deutschland mit schnellen Autobahnetappen der Fall gewesen wäre. Die volle Leistung habe ich kaum abgerufen, das war selten nötig. Nach der kompletten Strecke von Alaska nach Ushuaia zeigt das Garmin-Navi eine Durchschnittsgeschwindigkeit in Bewegung von 71 km/h. Das deckt sich weitgehend mit Vergleichen anderer Biker, die ich unterwegs getroffen habe. Braucht man für einen Schnitt von 71 km/h mehr als 110PS? Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, untermotorisiert zu sein.

Das alles klingt vielleicht zu sehr nach einer Lobeshymne auf die XT1200Z und man könnte meinen, ich schreibe das nur, weil Yamaha das Bike für die Tour bereitgestellt hat. Dem ist nicht so, und selbst wenn ich wollte, könnte ich nichts Negatives berichten. Mein Vertrag mit Yamaha sah vor, dass ich das Motorrad nach der Tour zurückgebe und für entstandene Schäden selbst aufkomme. Wäre ich mit dem Motorrad nicht zufrieden, hätte ich mich quasi mit einer neuen Felge und einem neuen Seitencover (zugegeben, beide Teile sind nicht billig) „freikaufen“ und die XT zurückgeben können.
Ich bin jedoch so vom Bike überzeugt, dass ich es selbst kaufen werde.

Für die nächste Fernreise

Wie oben geschrieben, bin ich überzeugt, dass die Super Ténéré dieselbe Tour noch einmal überstehen würde. Nick Sanders hat es vorgemacht, als er mit einer XT1200Z während seines Rekordversuchs von Alaska nach Ushuaia und wieder hoch gefahren ist. Für die nächste Fernreise (nicht in Deutschland) würde ich dennoch ein paar Kleinigkeiten ändern, die hauptsächlich dem Schutz des Motorrades dienen. Hier also ein paar Anmerkungen/Überlegungen:

Die Carbon-Seitenverkleidungen der Worldcrosser-Edition sehen meiner Meinung nach deutlich besser aus, als die Plastik-Verkleidungen der Serien-Version. Die Sache hat allerdings einen Haken: Früher oder später legt vermutlich jeder Weit-/Weltreisende sein Bike auf die Seite, wenn er auch Offroad-Pisten unter die Räder nimmt. Und wenn dann das Carbon-Teil wegen Kratzern ersetzt werden soll, wird es teuer. Daher würde ich vor dem nächsten Trip in die Ferne die Seitendeckel mit robuster Folie abkleben. Gleiches gilt für die Soziushaltegriffe, falls man eine Gepäckrolle quer darüber legt, denn sonst reibt nach vielen tausend Kilometern die Lackierung ab. Wo wir gerade schon die Rolle mit dem Klebeband in der Hand haben: Es war sicher gut, dass ich ab Mexiko die 1200er-Schriftzüge abgeklebt habe. In Mittel- und Südamerika fragt niemand nach PS, sondern immer nur nach Hubraum – je mehr, desto teurer das Bike, desto begehrter bei Kriminellen.

Was braucht man sonst noch am Motorrad? Nun, ich habe sehr häufig meine zweite Bordsteckdose benutzt, die direkt an die Batterie angeschlossen ist. Im Gegensatz zur ab Werk verbauten Steckdose liefert diese auch Strom bei ausgeschalteter Zündung – ideal, um am Abend auf dem Campingplatz das Handy oder den Laptop zu laden. Bei diesen Kleinverbrauchern muss niemand Angst haben, dass das Bike am nächsten Morgen nicht mehr anspringt.

Die zwei defekten Gabelsimmerringe sind ärgerlich, aber kein Beinbruch. Selbst in Honduras konnte ich einen wechseln lassen. Für eine anstehende Weltumrundung würde ich vermutlich dennoch Klett-Gabelschützer aus Neopren montieren. Denn es ist einfach unmöglich, auf den vielen Schlamm- und Schotterpisten die Gabelrohre ständig sauber zu halten; wahrscheinlich haben die Simmerringe deshalb geleckt.

Ich halte wenig von Werkzeugrollen, die am Motorschutz montiert sind. Bei der Yamaha ist das auch gar nicht nötig, denn unter der Sitzbank und unter dem rechten Seitendeckel ist genügend Platz für Werkzeug.

Sollte mir noch etwas einfallen, werde ich es hier ergänzen.

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